Warum Du auf Deinen Bauch hören solltest

 

Seit dem Buch „Darm mit Charme“ ist das Thema Darmgesundheit populär geworden und man traut sich mittlerweile, darüber zu sprechen. Jeder Mensch sammelt in seinem Leben mehrfach Erfahrungen mit Fehlfunktionen oder sogar Erkrankungen des Verdauungsapparats. Dazu gehören z.B. Verstopfung oder Durchfall, Blähungen oder Flatulenzen oder auch einfach ein „Grummeln“ im Bauch. Die Ursachen dafür sind vielfältig und können von ungenügender Trinkmenge oder ballaststoffarmer Ernährung bei Verstopfung über Infektionen oder schwerwiegenden Erkrankungen wie Morbus Crohn und Zöliakie bei anhaltenden Durchfällen bis hin zum so genannten Reizdarm mit abwechselnden Stuhlgewohnheiten reichen. Dass die psychische und die mentale Gesundheit eng mit den Eingeweiden zusammenhängt, erkennt man auch an Redewendungen wie „Das schlägt mir auf den Magen.“, „Ich habe ein ungutes Gefühl im Bauch“, „Ich entscheide aus dem Bauch heraus“. Zwischen dem Gehirn und dem Darm gibt es eine direkte Nervenverbindung, die so genannte Darm-Hirn-Achse (Gut-Brain-Axis), die für die gegenseitige Beeinflussung sorgt. So profitieren wir einerseits von einer ausgeglichenen seelischen Verfassung für unsere Darmgesundheit, andererseits gewinnen wir mehr Gesundheit für unser Gehirn und unsere Psyche, wenn wir etwas für unseren Darm tun.

 

Bei Studien mit keimfreien Mäusen konnte man feststellen, dass das Mikrobiom des Darms (früher Darmflora, also die Besiedelung mit Keimen) schon in frühester Kindheit an der Gehirngesundheit beteiligt ist. Man weiß heute, dass die Auswirkungen bis in das Erwachsenenalter anhalten. So ist z.B. die Blut-Hirn-Schranke von keimfreien Mäusen durchlässiger, wodurch auch Keime und Toxine ins Gehirn gelangen und Schäden anrichten können. Daraus kann man ableiten, dass ein gesundes Mikrobiom das Gehirn vor schädlichen Substanzen schützen kann.

 

Bei autistischen Mäusen verbesserten sich durch die Gabe eines speziellen Probiotikums (B. fragiles) bestimmte Verhaltensauffälligkeiten. Zöliakie (Einheimische Sprue), also die allergische Reaktion des Darms auf das Gluten in Getreide, kann bei Erwachsenen unspezifische neurologische und neuropsychiatrische Erscheinungen hervorrufen, die nicht immer von Darmbeschwerden begleitet werden. Aus diesem Grund ist hier eine Zöliakie-Diagnostik immer zu empfehlen.

 

Eine Darmerkrankung, die oft mit Depressionen assoziiert wird, ist der Reizdarm. Es lässt sich jedoch nicht sicher feststellen, ob die psychische Instabilität den Reizdarm hervorgerufen hat oder umgekehrt. Eine begleitende Ernährungsumstellung bei psychischen Erkrankungen wird heute von Fachleuten als gleichbedeutend mit einer medikamentösen und einer psychotherapeutischen Behandlung angesehen. Im Kombination mit der Einnahme von Probiotika kann es zu einer Reduktion des Stresshormons Cortisol kommen und damit den langfristigen negativen Folgen von anhaltendem Stress vorbeugen. Interessant ist auch die vermehrte Rezeptorakitvität von GABA (Gamma-Amino-Buttersäure, ein wichtiger Neurotransmitter) im ZNS (Zentrales Nervensystem). Ein Mangel an GABA bzw. deren Rezeptoren kann Reizdarm bzw. unklare abdominelle Beschwerden auslösen. Bakterien der Gattung Lactobazillen und Bifidobacterium können die Konzentration von GABA im Darm erhöhen. Sie soll allgemein entspannend, angstlösend, schmerzlindernd und schlaffördernd wirken und kann als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Somit kann man festhalten, dass die Gabe von Probiotika bzw. die Stabilisierung des Mikrobioms über die Ernährung sowohl die Stimmungslage als auch die Beschwerden des Dickdarms positiv beeinflussen kann.

 

Um die Hintergründe besser zu verstehen, muss man wissen, dass der Darm über ein eigenständiges „Gehirn“ verfügt, das man als Enterisches Nervensystem (ENS) bezeichnet. Es besteht aus mehreren Nervengeflechten in und um die Darmwand herum, die vollkommen autark die Verdauung mithilfe von Neurotransmittern (Serotonin und Dopamin) steuern. Serotonin wird aus der Aminosäure Tryptophan hergestellt. Ein Tryptophanmangel, z.B. durch eine ungünstige Ernährungsweise, führt zu einem Mangel an Serotonin und Melatonin, unserem Schlafhormon. Auch hier gibt es sowohl Funktionsstörungen im Bereich des Darms, als auch neurologische Symptome, wie z.B. Konzentrationsschwierigkeiten, Empfindungsstörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen.     Zu den Ursachen eines Tryptophanmangels gehören u.a. eine Fructosemalabsorption, da durch unverdaute Fructose Tryptophan gebunden und aus dem Darm ausgeschieden wird.

 

Wie schon beschrieben arbeitet der Darm zwar unabhängig von Impulsen des Gehirns, wird aber über den Sympathikus und den Parasympathikus beeinflusst. Dadurch kann es z.B. bei Nervosität zu Durchfall oder bei Stress zu Verstopfung kommen. Bei über-wiegend sympahtikotoner Lage wird die Verdauungsleistung herabgesetzt, da sie störend wirken kann auf die ursprünglich wichtigen Flucht- oder Kampfreaktionen. Wer hat schon Zeit, zur Toilette zu gehen, wenn der Säbelzahntiger vor einem steht! Heute handelt es sich allerdings eher um den anstrengenden Vorgesetzten oder Kollegen und die oben genannten Reaktionen wären eher unangebracht. Dennoch reagiert unser vegetatives Nervensystem nach den alten Mustern, was auf Dauer zu Reizdarm-Symptomen führen kann.

 

Da auch ein großer Teil unserer Immunzellen im Darm liegt, hat eine entzündliche Erkrankung des Darms auch Auswirkungen auf unser Abwehrsystem. Daraus resultierend können verschiedene Krankheitssymptome entstehen, wie z.B. Infektanfälligkeit, Hauterkrankungen oder „Stille Entzündungen“, die zu Autoimmunerkrankungen oder neurologischen Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson werden können. Hier schließt sich der Kreis zwischen Gesundheit der Psyche, des Nervensystems und des Immunsystems, der sich mittlerweile in der noch recht jungen Wissenschaft der Psycho-Neuro-Immunologie widerfindet. Wenn auch noch nicht alle Zusammenhänge geklärt sind, können wir jedoch jeden Tag aktiv etwas tun, um unseren Darm und unser Gehirn und damit auch unsere Psyche zu unterstützen. Eine Möglichkeit ist hier z.B. auch die Ernährung nach den Lehren der TCM. Diese kennt schon seit sehr langer Zeit die Zusammenhänge zwischen emotionalen Zuständen und Erkrankungen der Organsysteme (siehe Blog-Artikel zum Thema TCM und Emotionen). So werden zum Beispiel die Emotionen Trauer, Kummer usw. dem Lunge-Dickdarm-System zugeordnet. Und der Dünndarm steht in Verbindung zum Herzen, dem Sitz aller Emotionen (siehe Blog-Artikel Herz-Dünndarm-System). Wenn wir mit Hilfe unsere täglichen Mahlzeiten diese Organsysteme unterstützen, tragen wir viel zu unserer seelischen Stabilität bei.

 

 

 

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