Schlaf ist die beste Medizin

 

Wissen Sie, wann Sie das letzte Mal acht Stunden am Stück geschlafen haben? Vielleicht geht es Ihnen wie vielen Menschen. In der Woche schaffen sie es eigentlich nie, denn wer geht schon vor 23 Uhr ins Bett und der Wecker klingelt oft schon vor 6 Uhr. Meistens schläft man nicht gleich ein, sondern liest erst noch, oder man denkt über den vergangenen Tag nach oder was man am nächsten Tag noch alles erledigen muss. Am Wochenende versucht man, den fehlenden Schlaf nachzuholen, aber das klappt nicht immer. Dabei ist genügend guter Schlaf sehr wichtig für unsere physische und psychische Gesundheit. Im Schlaf verarbeiten wir Dinge, die wir tagsüber erlebt haben. Es finden wichtige Reparaturvorgänge statt, auch im Gehirn. Dinge, die wir am Tag gelernt haben, werden nachts ins Langzeitgedächtnis übernommen, vorausgesetzt, wir haben nicht zu viel Cortisol im Blut. Das passiert z.B., wenn wir den ganzen Tag viel Stress hatten und dann evtl. noch kurz vor dem Schlafengehen gearbeitet haben. Besonders das blaue Licht von Computern oder Smartphones wirkt sich negativ auf die Schlafqualität aus. Unser Schlafhormon ist das Melatonin. Auslöser für seine Bildung ist eigentlich die Dunkelheit, um 2 Uhr in der Nacht hat der Melatoninspiegel seinen Höchststand erreicht und sinkt gegen morgen wieder. Im Gegenzug steigt der Cortisolspiegel wieder an, um uns aktiv für den Tag zu machen. Die Menge an Melatonin, die ausgeschüttet wird, ist auch abhängig davon, wie viel Tageslicht wir tagsüber ausgesetzt waren und wie viel wir uns bewegt haben.

 

Auch bei der Alzheimer-Prävention ist ausreichender Schlaf ein wichtiger Baustein. Um bis ins hohe Alter geistig fit zu bleiben, müssen in einer bestimmten Gehirnregion, dem Hippocampus, ein Leben lang neue Zellen gebildet werden. Dass das geschieht, ist von vielen Dingen abhängig, z.B. auch von der Melatoninbildung. Neue Erfahrungen können nicht gespeichert werden, wenn wir keine neuen Zellen bilden, und das passiert hauptsächlich in der nächtlichen Tiefschlafphase. Im Schlaf ziehen sich die Gehirnzellen zusammen, damit Stoffwechselprodukte und Toxine besser abfließen können. Bei Alzheimer-Patienten kommt es zu einer vermehrten Ansammlung von so genannten ß-Amyloiden. Das sind Eiweiße, die der Körper herstellt, damit Erinnerungen an Ereignisse am Tag gespeichert werden und nicht durch neue ersetzt werden. Überschüssige ß-Amyloide, die z. B bei Stress und Überflutung mit zu viel Neuigkeiten entstehen, können nur nachts ausgeschieden werden. Geschieht das nicht, verkleben sie und werden zum Alzheimer-Toxin, das zur Zerstörung von Gehirnzellen führt. Ausreichend Schlaf ist also nicht nur für unser kurzfristiges Wohlgefühl zuständig, sondern auch für unsere Gesundheit bis ins hohe Alter.

 

Chronischer Schlafmangel führt zur frühzeitigen Alterung aller Organsysteme, weshalb auch andere Erkrankungen zu früh und verstärkt auftreten. Dazu gehören z.B. Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Fettleibigkeit. Besonders schwer haben es Menschen, die im Schichtdienst arbeiten müssen. Durch den wechselnden Schlafrhythmus kommt auch der hormonelle Rhythmus aus dem Gleichgewicht, z.B. der von Cortisol. Die Entstehung von Fettleibigkeit wird u.a. durch Entwicklung von Heißhunger-Attacken gefördert. Auch daran ist Schlafmangel beteiligt, denn hierdurch werden die Hormone, die für Hunger und Sättigung zuständig sind (Leptin und Ghrelin), aus dem Gleichgewicht gebracht. Und die Müdigkeit, die wir empfinden nach zu wenig erholsamem Schlaf, trägt nun auch nicht dazu bei, dass wir uns nach einem anstrengenden Tag noch zu Sport oder wenigstens zu einem Spaziergang aufraffen können. Und da sind wir mittendrin im Teufelskreis, denn ausreichend Bewegung am Tag fördert den Tiefschlaf in der Nacht. Und Tageslicht bekommen wir auch noch, wenn wir nicht nur im Fitnessstudio oder zu Hause auf dem Laufband trainieren. Nicht umsonst sagt man „Schlaf ist die beste Medizin“! Und damit es gar nicht erst soweit kommt, dass wir Medizin brauchen, ist es besser, so oft wie möglich genug zu schlafen, und wenn es nachts mal nicht ausgereicht hat, auch mal ein kurzes „Nickerchen“ am Mittag zu halten. Aber bitte nicht zu lange, sonst beginnt die Melatoninproduktion und wir werden nicht mehr richtig munter, und das Einschlafen zur Nacht wird auch erschwert.

 

Um gut in den Schlaf zu finden, eignen sich kleine Rituale: ein gutes, nicht zu spannendes Buch lesen und eine Tasse Tee trinken, vielleicht auch eine kleine Yoga- oder Meditationseinheit durchführen, ein warmes Fußbad nehmen oder den ganzen Körper von unten nach oben mit einem kalten Waschlappen abreiben (Kneipp-Waschung). Lassen Sie sich von Ihrem Therapeuten am Besten beraten, wie Sie gezielt den Schlaf unterstützen können. Finden Sie heraus, welche Ursachen evtl. hinter den Einschlaf- oder Duchrchschlafschwierigkeiten stecken. Denn auch organische Funktionsstörungen können den Schlaf beträchtlich stören. Aus Sicht der TCM kann eine schwache Mitte mit Milz-Schwäche zu vermehrtem Grübeln führen. Oder eine unruhige Leber lässt Sie zwischen ein und drei Uhr nachts immer wieder aufwachen. Bevor Sie zu chemischen Schlafmitteln greifen, lassen Sie sich von Ihrem Therapeuten beraten, der evtl. weitere Untersuchungen ausführt.