Kann man Glück essen?

 

Stellen Sie sich folgende Situationen vor:

 

 

 

  • Sie hatten einen anstrengenden Tag im Büro mit einer heftigen Auseinandersetzung mit Ihrer Kollegin. Auf dem Heimweg kommen Sie an Ihrem Lieblings-Café vorbei und sehen Schwarzwälder Kirschtorte. Sie erinnern sich sofort an die glücklichen Geburtstage, als Ihre Großmutter Ihnen zu diesem Anlass immer Schwarzwälder Kirschtorte gebacken hat. Sie gehen ins Café, bestellen sich ein Stück, und schon nach dem ersten Bissen fühlen Sie sich glücklich und entspannt wie damals in Ihrer Kindheit.

  • Auf der Straße fällt ein Kind auf die Knie und fängt sofort an zu weinen, weil es sich weh getan hat. Die Mutter versucht es zu beruhigen, aber erst, nachdem das Kind ein Stück Schokolade bekommen hat, hört es auf zu weinen und lächelt wieder.

 

 

 

Bestimmt haben Sie eine solche Situation schon selbst erlebt und festgestellt, wie glücklich Sie sich fühlen, nachdem Sie etwas Leckeres, meist Süßes, Fettiges, Kalorienreiches gegessen haben. Instinktiv greifen wir bei schlechter Laune, Müdigkeit, Anspannung oder Konzentrationsschwierigkeiten zu bestimmten Nahrungsmitteln oder Getränken: Schokolade, für die Stimmungsaufhellung, Kaffee zum Wachwerden, Alkohol zur Entspannung oder Traubenzucker für die bessere Konzentration bei Prüfungen. Danach fühlen wir uns, zumindest für einen kurzen Zeitraum, besser. Bedeutet das, dass wir durch unsere Nahrung glücklicher werden, oder ist es nur die Erinnerung, die uns glücklich macht? In Zeiten, in denen der Mensch nicht an jeder Ecke etwas zu essen kaufen konnte, sondern noch selbst auf die Jagd oder Sammeln gehen musste, war es überlebenswichtig, dass der Reiz der Nahrungsaufnahme so groß war, dass man auch unter den schlechtesten und gefährlichsten Bedingungen noch auf Nahrungssuche ging. Um das zu gewährleisten, reagiert unser Belohnungssystem im Limbischen System, einem Gebiet in der Mitte unseres Gehirns, sehr stark mit Glücksgefühlen auf die Aufnahme von Zucker, Fett und auch Salz. Und so greifen wir mit Vorliebe zu Nahrungsmitteln, die diese Bestandteile in hoher Menge enthalten: Süßigkeiten, Schokolade, Kuchen, Fastfood, Chips usw. Was für Jäger und Sammler lebenswichtig war, hat leider in der heutigen Zeit des Überflusses dazu geführt, dass wir immer mehr an Gewicht zulegen, und das schon in der Kindheit, und damit viele Erkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen usw. immer weiter zunehmen. Denn unser Gehirn ist sehr egoistisch und schaut nicht danach, wie es dem Rest des Körpers geht, solange es gut versorgt ist. Mittlerweile weiß man, dass auch psychische Erkrankungen wie z.B. Depressionen begünstigt werden durch schlechte Ernährungsgewohnheiten.

 

 

Kann schlechte Nahrung Depressionen auslösen und kann man psychische Erkrankungen mit Nahrung heilen?

 

Um eine ausgeglichene Stimmung zu haben und auch zu behalten, braucht das Gehirn bestimmte Botenstoffe (Neurotransmitter und Hormone). Dazu gehören Serotonin, Dopamin und GABA (Gamma-Amino-Buttersäure). Weitere wichtige Stoffe sind Oxytocin (unser „Kuschel-Hormon“), Endorphine und weitere Hormone . Auch die Sexualhormone haben einen großen Einfluss auf unsere Stimmung, dies gehört aber in einen anderen Kontext.

 

Unser Körper kann diese Botenstoffe selbst herstellen, braucht dazu aber die nötigen Baustoffe, die wir mit unserer Nahrung aufnehmen müssen. Dazu gehören Aminosäuren wie Tryptophan (Eiweißbestandteil), bestimmte Fette (langkettige Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl), Kohlenhydrate, Vitamine (besonders aus der Gruppe der B-Vitamine und Vitamin C), Mineralstoffe wie Magnesium, Calcium, Zink, Selen, Eisen und Jod. Diese Nahrungsbestandteile sind wichtig für bestimmte Organe wie z.B. der Schilddrüse und sind Bestandteile von Botenstoffen wie Serotonin oder Dopamin. Tryptophan, das in eiweißreichen Nahrungsmitteln wie Parmesan enthalten ist, entfaltet seine Wirkung besonders gut in Verbindung mit Kohlenhydraten, weshalb wir z.B. mit Pasta und Parmesan sehr viel für unser Glücksgefühl tun können. Tryptophan wird nämlich zum Aufbau unseres Glückshormons Serotonin gebraucht. Störungen im Serotoninhaushalt können zu Depressionen führen. Hier setzen auch Psychopharmaka wie Serotoninwiederaufnahmehemmer (SRI) an, die dafür sorgen, dass die Konzentration von Serotonin im Blut ausreichend hoch bleibt. Fehlt Serotonin, können auch Schlafschwierigkeiten entstehen, denn Serotonin wird weitergebaut zu Melatonin, unserem Schlafhormon. Und fehlender oder mangelhafter Schlaf schlägt uns auf die Stimmung. Melatonin, das abhängig von der Lichteinwirkung gebildet wird, fördert ein schnelles Einschlafen. Um gut durchzuschlafen, brauchen wir GABA, denn es ist wichtig für Entspannung und hält uns im Schlaf. Auch übermäßiges Stressgefühl, Gereiztheit oder grundlose Angstzustände können bei GABA-Mangel auftreten. Um GABA bilden zu können, brauchen wir Lebensmittel wie z.B. Bananen, Hülsenfrüchte, Nüsse oder auch Fermentiertes wie Sauerkraut. Welche Auswirkungen ein Dopamin-Mangel hat, zeigt uns die Parkinson-Erkrankung. Neben den motorischen Auswirkungen haben Erkrankte auch mit Depressionen, Konzentrationsschwierigkeiten und Antriebslosigkeit zu kämpfen. Um Dopamin bilden zu können brauchen wir z.B. eine weitere Aminosäure namens Tyrosin (in Milchprodukten, Fisch, Getreide, grünem Blattgemüse u.a.). Auch Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl tragen zu einer Bildung von Dopamin bei.

 

Wie ich schon in meinem Blog-Artikel zur Darm-Hirn-Achse beschrieben habe, spielt auch der Darm eine maßgebliche Rolle für unsere Stimmung. Es konnte in Studien nachgewiesen werden, dass die Zusammensetzung unseres Mikrobioms (also unsere Darmbakterien) hier eine große Bedeutung hat. Nähren wir unsere Mitbewohner im Darm gut mit Ballaststoffen aus Vollkorngetreide und Obst und Gemüse, freuen sie sich, und das überträgt sich auf unser Gehirn und damit auf unsere Stimmungslage. Essen wir also regelmäßig von diesen Lebensmitteln und ergänzen mit fermentierten Produkten wie Joghurt, Sauerkraut und anderen milchsauer vergorenen Gemüsesorten, stabilisieren wir auch unsere Psyche.

 

Der langjährige Konsum von Nährstoff armen Mahlzeiten, zu viel Fastfood, zu viel Weißmehl-Produkte und Zucker, ungünstige Fette, zu wenig Obst und Gemüse versetzt uns auf Dauer in eine schlechte Stimmung, man könnte auch sagen, wir werden „sauer“, denn diese Lebensmittel schaden nicht nur dem Darm und führen zu weniger Glücksbotenstoffen, sie bringen unseren Säure-Basen-Haushalt aus dem Gleichgewicht. Doch dazu mehr in einem separaten Blog-Beitrag.

 

Psychotherapie oder Ernährungsberatung?

 

In der Schulmedizin wird größtenteils immer noch unterschieden zwischen Erkrankungen der Psyche und denen des Körpers. Und das, obwohl längst bekannt ist, dass der Stoffwechsel unseres Körpers maßgeblich an unserer Stimmungslage beteiligt ist. Selbstverständlich ist eine psychotherapeutische Behandlung bei Depressionen eine wichtige Unterstützung zur Überwindung dieser Erkrankung. Bei leichteren Fällen oder Vorstufen kann auch schon ein Coaching hilfreich sein, um mit Hilfe eines Beraters die eigenen Lebensgewohnheiten zu verbessern und Stress-Faktoren abzubauen. Fehlen mir aber die nötigen Baustoffe aus der Ernährung, um Serotonin und co. aufzubauen, weil ich mich hauptsächlich von Fastfood und Snacks ernähre, wird das nicht ausreichen. In dem recht neuen Fach „Ernährungspsychiatrie“ werden diese Zusammenhänge erforscht und schon in die Therapie psychisch Erkrankter eingebaut. Es ist also keine Frage des „entweder/oder“, sondern der Verbindung dieser Therapieoptionen. Meiner Meinung nach sollten nur in Akutfällen oder bei therapieresistenten Fällen chemische Psychopharmaka eingesetzt werden, um lebensgefährliche Situationen zu vermeiden. Übergangsweise oder unterstützend können auch Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein, denn jahrelange Essgewohnheiten lassen sich selten von heute auf morgen verändern. Auch gibt es Studien zur Wirkung von pflanzliche Arzneimitteln, die dabei helfen können, den Weg zurück in ein glückliches, Stress resistentes Leben zurückzukehren oder gar nicht erst in eine emotionale Schieflage hineinzurutschen.

Wenn Sie mehr dazu wissen möchten, wie Sie mit Hilfe Ihrer Ernährungen oder anderen Lebensstilfaktoren aus Ihrem Stimmungstief herausfinden können, nehmen Sie gerne Kontakt für ein erstes, kostenloses Informationsgespräch auf.

 

Bild-Quelle: pexels